Cantiamo begeisterte in der Neumarktkirche

Es gab sie auch, die stillen Momente im großen Trubel des Merseburger Schlossfestes, auch sie zogen viele Besucher an.

Da war einmal der Merseburger Dom mit seiner besonderen Atmosphäre und dem Klang der Ladegastorgel. Am Sonnabend verstummte für eine Dreiviertelstunde der Lärm im benachbarten Schlosshof. An seine Stelle trat Musik von Mozart und Bach im Orgelklang 12 mit dem Hamburger Organisten Christoph Schoener. Da war auch der romantische Kreuzgang mit dem renommierten Rosenmüller Ensemble – einem Spezialensemble für Alte Musik – am Sonntag Nachmittag im Rahmen der Reihe der Merseburger Dommusiken und schließlich (zum 20. Mal!) das Konzert von Cantiamo unter der Leitung von Domkantor Stefan Mücksch in der Neumarktkirche.

Das zusammen mit dem Merseburger Altstadtverein organisierte Konzert hat lange Tradition im Festspielreigen und erfüllte "nebenbei" stets auch noch einen guten Zweck. Die Spenden des ansonsten kostenfreien Konzerts dienen der Erhaltung der Neumarktkirche. So kamen nach Auskunft des Vereins in all den Jahren mehr als 20.000 EUR zusammen.

Im Sommerkonzert am Sonntag waren es ausschließlich A-capella-Chorsätze, die die zahlreichen Besucher (die Sitzplätze reichten nicht aus!) begeisterten. Stefan Mücksch entwickelte einen beeindruckenden raumfüllenden Klang mit seinen 25 Sängerinnen und Sängern und nutzte dabei vor allem in den doppelchörigen Motetten und Chorsätzen geschickt die Teilung des Chores in Altarraum und Empore. Mendelsohns "Ehre sei Gott in der Höhe" wurde mit eindrucksvollem Verve ebenso gekonnt und homogen musiziert wie das mit schlichter Eleganz vorgetragene Volkslied "Das Wandern ist das Müllers Lust" in einem Satz von Helmut Barbe. Sichtbaren (natürlich auch hörbaren) Spaß machte den Sängern der kleine Zyklus "Der Wind, ja der Wind" auf einen Text im japanischen Haiku-Versmaß. Die musikalische Umsetzung des Säuselns, des Brausens und des Stürmens gelang ganz im Sinne dieses reizenden Textes. Die Bitte um Frieden in der Welt und dabei die Verantwortung der "Obrigkeit" konnte aktueller in den beiden doppelchörigen Schütz-Motetten nicht sein, obwohl der Komponist sein "Verleih uns Frieden gnädiglich" und "Gib unsern Fürsten und aller Obrigkeit Fried und gut Regiment" während des 30jährigen Krieges vor nahezu 400 Jahren komponiert hat. Einen großartigen Spannungsbogen entwickelte Mücksch dann auch in Joseph Rheinbergers "Bleib bei uns, denn es will Abend werden", bevor mit "Ade nun zur guten Nacht" und der von einem begeisterten Publikum "erzwungenen" Zugabe "Guten Abend – gute Nacht" ein stimmungsvoller Abschluss gelang.

Hans-Hubert Werner

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